Die Gruppe Al Andaluz Project gründete sich 2005 nach dem Konzertbesuch der Musiker von Estampie bei einem Konzert der spanischen Band Aman Aman im Rahmen der jüdischen Kulturtage in München. Mit dem Ziel, die Musik der jüdisch-sephardischen, christlichen und arabo-andalusischen Kulturen, wie zu Zeiten des maurisch regierten Spanien in friedlicher und sich gegenseitig befruchtender Koexistenz aufleben zu lassen, nahm die Band zwischen 2006 und 2013 vier Studio- und ein Live-Album auf und spielte zahlreiche Konzerte und Festivals in ganz Europa. Im Zentrum standen dabei immer die drei Sängerinnen Sigrid Hausen, Mara Aranda und Iman Kandoussi, die jeweils für eine der drei Kulturen standen. „The Songs of Iman Kandoussi“ ist nun die erste thematisch und sängerinnen-spezfische Zusammenstellung des Repertoirs dieser außergewöhnlichen Band, die sich auf das arabo-andalusische Repertoire konzentriert, bei denen die marokkanische Sängerin im Zentrum steht.
Spricht man von der Musikkultur der arabischen Welt im Allgemeinen bzw. des Maghreb im Besonderen (Anmerkung: Maghreb meint die Gebiete des heutigen Marokkos, Algeriens und Tunesiens), ist die besondere Vielfalt der arabischen Musik besonders hervorzuheben. Der Einfluss der andalusischen Kultur in diesem Gebiet ist sehr groß. Im damaligen Al-Andalus entstand eine Kultur, die der nordafrikanischen, nordspanischen und der europäischen Kultur überlegen war. Aus diesem Grund konnte sich die andalusische Kultur gegenüber den weniger bedeutenden Kulturen des Maghreb durchsetzen. Nach dem Untergang des letzten islamischen Königreichs der iberischen Halbinsel wurde der Maghreb so zum Lebensraum für diese blühende Kultur.
Es ist nicht einfach, über die Musik von Al-Andalus, die sich auf der mittelalterlichen iberischen Halbinsel entwickelt hat, zu sprechen, da wir es mit einem Repertoire zu tun haben, welches sich über einen Zeitraum von fast acht Jahrhunderten erstreckt. Die große Mehrheit der Gelehrten ist sich einig, dass das Umayyaden-Kalifat von Córdoba die Zeit der größten musikalischen und kulturellen Blüte war. Während die Poesie schriftlich überliefert wurde, wurde das Wissen über die Musik mündlich weitergegeben, und erst im 20. Jahrhundert wurde die arabische Musik in westliche Notenschrift übertragen. Das Interesse an der Musik von Al-Andalus erhielt einen starken Aufschwung, als Mitte des 20. Jahrhunderts die ?arga entdeckt wurden, bei denen es sich um poetisch-musikalische Kompositionen handelt, die in einem arabischen, romanischen oder hebräischen Dialekt verfasst wurden. Das war der Beweis dafür, dass die Gesellschaft von Al-Andalus mehrsprachig war. Auf diesem Album sind einige Stücke dieses musikalischen und poetischen Erbes von Al-Andalus enthalten, die in den Ländern Nordafrikas und des Nahen Ostens Verbreitung gefunden haben und so zu einer musikalischen, bis heute überdauernden Tradition geworden sind.
Musik hat immer schon die Kraft und die Fähigkeit mit sich gebracht, verschiedene Kulturen und Menschen zusammenzubringen, um eine Botschaft des Friedens in die Welt zu bringen und es gab wohl kaum eine Zeit, in der eine solche Botschaft nicht dringend notwendig gewesen wäre. Begleitet von Musikern aus Marokko, Spanien und Deutschland ist The Songs of Iman Kandoussi ein Portrait einer großartigen Sängerin, das uns wieder daran zu erinnern vermag, dass in der Zusammenarbeit, dem gegenseitigen Respekt und der kulturellen Vielfalt die Grundlage für Frieden und gemeinsamer Weiterentwicklung steckt.