Die Feinheit zweier sich gegenseitig zähmender, unverwechselbar dichter Musiksprachen ist es, die jeden in den Bann zieht, der Bilayer hört. Magnus Bugge ist ein Klangkünstler, der mit visuellen Installationen arbeitet und an Projekten an der Schnittstelle von Kunst und Wissenschaft teilnimmt. Für ihn ersetzt Musik nicht das Thema, sondern beleuchtet es. Die Musik der Trompeterin Hilde Marie Holsen hat eine spürbare Verbindung zu natürlichen Elementen, Mineralien oder primitiven Lebensformen, die es zu bewahren gilt. Die Musik von Bilayer drängt nichts auf. Bugge arbeitet auf eine Weise, bei der „Medien nicht wichtig sind. Ideen und Werke entwickeln sich auf ihre eigene Weise, und er wird den Prozess verfolgen.“ Das ist ein sehr einladender Ansatz. Die Zuhörer werden aktiv und frei. Sie können wählen, worauf sie sich konzentrieren möchten. Bilayer, wie der Name schon sagt, beherrscht die Kunst, Klänge zu erzeugen, aber auch, und daraus entsteht Poesie, ihre Quelle mit einem Schleier des Geheimnisvollen zu bedecken. So geschützt erblüht jeder Klang und bereichert sich auf seiner Reise.
Illrie geht gegen den Strich und sucht nicht nach Exzessen, sondern nach Raum; die Musik braucht ihn. Dieses zweite Album handelt von der Natur, aber auch von Verwesung und Verfall. Aus diesem Grund sind die acht Titel nach alten Dialektwörtern von der Westküste Norwegens benannt, wo sowohl Holsen als auch Bugge herkommen. „Skogavakse“ ist die höchste Linie eines Waldes, bevor die Berglandschaft übernimmt. „Illrie“, der Titelsong, bedeutet ‚Schneesturm‘, und ‚Nattsveve‘ bedeutet ‚Löwenzahn‘. Der Trompeter und Klanggestalter erklärt die Entstehung des Albums: ‚Geplante Improvisationen und improvisierte Kompositionen wurden aufgenommen und als Rohmaterial für elektroakustische Kompositionen verwendet, (dann) wieder zusammengesetzt und anschließend produziert‘. Die Genialität des Prozesses erweckt die Klänge der Natur wieder zum Leben.
Die Dramaturgie des Duos hat sich durch den Beitrag von Sarah-Jane Summers, die auf allen Stücken als Gastmusikerin mitwirkt, vertieft. Die in Norwegen lebende schottische Musikerin ist auch Forscherin. Zusätzlich zu dem erwarteten klassischen Kontrapunkt zu den elektrischen und elektronischen Klängen bringt sie eine Vision mit. Ihr Forschungsgebiet dreht sich um das Verständnis und die Erweiterung der klanglichen Komplexität der Geige. Deshalb bewegen wir uns zwischen traditioneller und zeitgenössischer Musik, wenn sie Geige und Bratsche spielt. Ihre Arbeit, schreibt sie, zielt darauf ab, „radikal neue Perspektiven auf vertraute Klänge zu schaffen“. Diese Vertrautheit ist hier von zentraler Bedeutung, da die Geige und die Hardingfele klassische Beiträge zur norwegischen Musik sind.
Mit dieser Aufmerksamkeit für die Wurzeln des Klangs, der Erinnerungen und der vertrauten Kräfte der Natur unternimmt Illrie eine tiefgreifende Erkundung von Raum und Zeit und bietet ein sehr feines Exemplar fruchtbarer Musik.
Anne Yven
Bilayer ist ein Duo, das aus Hilde Marie Holsen (Trompete/Effekte) und Magnus Bugge (Analogsynthese) besteht. Die Musiker bewegen sich frei in verschiedenen Kontexten – von minimalistischen Arrangements, die sich in die Unendlichkeit von Zeit und Raum erstrecken, bis hin zu fremdartigen Klanglandschaften aus zerstörerischen Texturen und rohen Emotionen.
Die Musik von Bilayer ist eine Geschichte, bei der man den Ursprung der Klangelemente nicht kennt. Die Band hat eine flache Struktur, bei der alle Klänge gleich wichtig sind und alles von Holsens bearbeiteter Trompete oder Bugges synthetischem Sounddesign stammen kann. Zusammen ist Bilayer ein energetischer Ausdruck, der die natürliche Spannung und die Auflösung von Spannung in der Improvisationsmusik erforscht und dies weiter kanalisiert, um gemeinsame Kompositionen zu vervollständigen. Die beiden Musiker schlagen eine Brücke zwischen Jazz, zeitgenössischer Musik und Electronica.
Seit 2015 wurde das Duo zu verschiedenen Bühnen für experimentelle Musik eingeladen: Bidrobon (Oslo), SkRR (Oslo), Friform Kirkenes, Oddnose Festival, Nonfigurativ musikk und Haugesound. Ihr selbstbetiteltes Debütalbum „Bilayer“ wurde im März 2019 beim norwegischen Label Va Fongool veröffentlicht.
„Nur die nervöse Präsenz maschinenartiger, gebrochener rhythmischer Muster erinnert uns daran, dass die Klanghorizonte von Bilayer weitaus breiter sind als jedes spezifische Genre, jede Ära oder jeder konkrete geografische Raum.“ Eyal Hareuveni / saltpeanuts.eu
Hilde Marie Holsen verbindet den melancholischen Klang der Trompete mit experimenteller Elektronik, um ein einzigartiges Klanguniversum zu schaffen, das Jazz, Drone und zeitgenössische Musik umfasst. Mit ihrem Debütalbum „Ask“ (2015) und dem Nachfolger „Lazuli“ (2018) hat sie internationale Anerkennung erlangt und begeisterte Kritiken von Medien wie The Guardian, The Wire und The Quietus erhalten. Neben ihrer aktiven Tournee- und Festivalkarriere hat Holsen Werke für verschiedene Festivals und Kunstprojekte komponiert und dabei mit einer Vielzahl von Musikern zusammengearbeitet. Ihr innovativer Ansatz fordert traditionelle musikalische Grenzen heraus und etabliert sie als bedeutende Stimme in der modernen zeitgenössischen Musik.
Magnus Bugge ist ein Komponist und Künstler, der sich auf Klangkunst, elektroakustische Musik und verwandte bildende Kunst konzentriert. Seine von Wissenschaft, Technologie und Physik inspirierten Werke entstehen aus abstrakten und konkreten Themen. Er ist der Meinung, dass seine Medien und Werkzeuge, zu denen Synthese, Feldaufnahmen und Programmierung gehören, den Ideen selbst untergeordnet sind, die sich auf natürliche Weise entwickeln. Seine vielfältigen Arbeiten umfassen Bühnenkunst, Konzerte, Filme, Installationen und Veröffentlichungen, angetrieben von einem Engagement für den Prozess und die Beobachtung und nicht für das spezifische Medium oder die Technik.
Die schottische Geigerin, Komponistin und Improvisationskünstlerin Sarah-Jane Summers ist eine der aufregendsten Stimmen in der heutigen traditionellen und experimentellen Musik. Tief in der schottischen Tradition verwurzelt, aber ohne Angst, musikalische Grenzen zu überschreiten, hat sie sich einen einzigartigen Platz in der internationalen Musikszene geschaffen. Derzeit promoviert sie in künstlerischer Forschung an der Norwegischen Musikhochschule. Als Solokünstlerin und als eine Hälfte des Duos Sarah-Jane Summers & Juhani Silvola hat sie breite Anerkennung erhalten. Ihre vier Alben haben alle den Top-of-the-World-Status in Songlines erhalten, und ihr Album The Smoky Smirr o Rain wurde 2021 für einen norwegischen Grammy (Spellemannprisen) nominiert.
Ihre Arbeit im Bereich der experimentellen Musik hat große Anerkennung gefunden. Ihr Album VIRR wurde von Late Junction, BBC Radio 3 und The Wire zum Album des Jahres gekürt, und The Wire beschrieb ihre Musik als „einen heulenden Sturm, brillant heraufbeschworen“.