Rückkehr in ein verlorenes Leben
Heinz Marecek erzählt Alfred Lord Tennyson’s „Enoch Arden“ in der Vertonung
von Richard Strauss. Eine Erzählung, so packend wie die Geschichten von
Odysseus oder Robinson Crusoe. Ein Klangrausch als Melodram in der
Vertonung von Richard Strauss.
Der Münchener Hofkapellmeister
Richard Strauss war einer der ersten,
der Anregung aufnahm, das „für lang
schon todt gehaltene Melodram“ nach
dem großen Erfolg von Engelbert
Humperdincks Oper „Die Königskinder“,
uraufgeführt im Jahre 1897, mit seinem
Werk ENOCH ARDEN zu einem neuen
Höhenflug zu erheben.
Seine erste Oper „Guntram“ war knapp
zuvor ein Misserfolg gewesen, worauf er
sich primär der symphonischen
Dichtung zugewendet hatte, aber weiter
auf der Suche nach neuen Opernstoffen
blieb. Da fiel ihm die Ballade „Enoch
Arden“ des englischen Lyrikers Alfred
Tennyson (in der Übersetzung von Adolf
Strodtmann) in die Hände, und er
vertonte sie (datiert mit 26. Februar) als
Melodram – für seinen „Chef“, den
Hoftheater-Direktor Ernst von Possart,
einen berühmten „Singschauspieler“,
dessen „rollendes R“ Legende war. Die
von ihm und Possart am 24. März 1897
in München bestrittene Uraufführung
verbesserte das etwas angespannte
Verhältnis der beiden Künstler
entscheidend; und sie heimsten nun in
den folgenden Jahren auf vielen
Konzertreisen Triumph um Triumph, ja
„ganze Bäche von Weiberverehrung“ ein.
Eigentlich war Strauss der Gattung des
Melodrams eher skeptisch
gegenübergestanden und hatte sie noch
während der Ausarbeitung von „Enoch
Arden“ als „Gelegenheitsschund“
bezeichnet, doch ließ ihn der große
Erfolg des Werkes deutlich umdenken.
Zudem hatte er wohl erkannt, dass ihm
die Ballade mit ihrem Wechsel zwischen
dramatischer Handlung, poetischen
Naturschilderungen und innigen
Gefühlsdarstellungen wie in seinen
größer angelegten Werken reiche
Gelegenheiten zu jeweils adäquater
musikalischer „Nachzeichnung“
gegeben hatte.
Richard Strauss, der die Druckausgabe
seiner Vertonung „Tennyson’s Enoch
Arden für Pianoforte componirt“
überschrieb, ließ den umfangreichen
Text über weite Strecken unbegleitet
rezitieren. Bei Schlüsselszenen oder
„empfindsamen“ Handlungselementen
tritt dann das Klavier hinzu, dem der
Komponist zu Beginn das
geheimnisvolle, das Wogen der
Meereswellen nachzeichnende g-Moll-
Vorspiel anvertraut, über dem eine
schlichte, in sich kreisende Melodie eine
Art „Heimatgefühl“ symbolisiert. Danach
übernimmt das Klavier sowohl
„Illustrationen“ der Szenerien als auch
(vor allem) ein musikalisches
Ausgestalten der unterschiedlichen
Gefühlsregungen der drei Personen. Und
jede dieser drei Personen erhält sofort
ein charakteristisches Motiv zugeordnet,
mit welchem Prinzip Strauss die Idee
der Wagnerschen „Leitmotive“ in
persönlicher Form übernimmt. Zunächst
wird uns mit einer figuriert hocheilenden
Figur Annie Lee vorgestellt, dann mit
einer parallele E-Dur-Terzen hochführenden Melodie Philipp Ray und
sofort danach Enoch Arden, dessen akkordisches Es-Dur-Motiv von
einer Seufzerpause unterbrochen wird und dann mit einem „Ausruf“
in eine Dissonanz springt.
Die folgenden Handlungsstränge werden nun, je nachdem, welche der
drei Personen primär betroffen ist, von diesen Motiven bestimmt, die
auch die kleinen Zwischenspiele nach inhaltlichen Gesichtspunkten
durchziehen. Und auch das Meeresrauschen taucht samt der
„kreisenden“ Melodie auf, bis angesichts von Enoch Ardens nahem
Tod feierliche Es-Dur-Akkorde und chromatische Linien seine letzten
Worte beleuchten und in einen ruhigen Abgesang leiten.
Hartmut Krones
Wien, November 2023
Heinz Marecek Erzähler
Heinz Marecek, geboren am 17. September 1945 in Wien, ist ein
österreichischer Schauspieler, Regisseur und Kabarettist.
Er studierte am Max-Reinhardt-Seminar. Sein erstes Engagement
führe ihn 1966 ans Wiener Ateliertheater. Ab 1968 spielte er an der
Wiener Volksoper; von 1971 bis 1998 gehörte er dem Ensemble des
Theaters in der Josefstadt an, wo er auch Regie führte.
Neben vielen Rollen in Fernsehproduktionen übersetzt und bearbeitet
er englischsprachige Theaterstücke. Bekannt ist er auch aus der
Lindenstraße als Bruno Skabowski und aus dem historischen
Mehrteiler Ringstraßenpalais, aus der Stegreifserie Die liebe Familie
sowie aus der Filmreihe Der Bockerer. Bis 2021 spielte Heinz
Marecek Serien-hauptrollen in SOKO Kitzbühel und Die Bergretter.
Um 1970 heiratete Heinz Marecek die Schauspielerin Julia
Migenes[1], diese Ehe bestand vier Jahre. Aus seiner zweiten Ehe mit
Christine stammen zwei Kinder; seine Tochter Sarah Marecek und
sein Sohn Ben Marecek sind ebenfalls Schauspieler. Er lebt mit seiner
Frau auf einer Finca auf Ibiza.
Florian Krumpöck Klavier
Geboren 1978 als Sohn eines Cellisten und einer Kunsthistorikerin,
erlernte Krumpo¨ck die Kunst des Klavierspielens bei namhaften
Pianisten wie Rudolf Buchbinder, Gerhard Oppitz, Elisabeth Leonskaja
und Daniel Barenboim. 2011 wurde er als einer der jüngsten
Generalmusikdirektoren für Konzert und Oper an das Volkstheater
Rostock und zum Chefdirigenten der Norddeutschen Philharmonie
berufen, 2012 erfolgte die Ernennung zum Chefdirigenten des
Sinfonieorchesters Liechtenstein.
Seit Sommer 2015 ist Florian Krumpo¨ck Intendant des Kultur.
Sommer.Semmering.
Bekannt ist der Musiker für seine Solo-Rezitals bei internationalen
Festivals wie zum Beispiel in Salzburg, Bregenz, Bad Kissingen oder
beim Bachfest in Leipzig sowie die regelmäßige Aufführung
kompletter pianistischer Werkzyklen wie der 32 Klaviersonaten von
Ludwig van Beethoven oder der vollendeten Klaviersonaten Franz
Schuberts.
Als Gastdirigent musizierte
Krumpo¨ck unter anderem
mit den Wiener
Symphonikern, dem
Philadelphia Orchestra,
dem Jerusalem Symphony
Orchestra, dem
Gulbenkian Orchestra
Lissabon oder der
Ko¨niglichen Kapelle
Kopenhagen.
Florian Krumpöck spielt
als Solist, Liedbegleiter
und Kammermusiker einen
Großteil aller
internationalen Konzerte
und Aufnahmen auf seinen
eigenen Instrumenten.