Seit der selbsternannte „Vater des Blues“, WC Handy, 1912 „The Memphis Blues“ veröffentlichte, ist die Stadt zum Synonym für diese Musikform geworden und wird oft als „Heimat des Blues“ bezeichnet.
Als nächstgelegene Großstadt zum Mississippi-Delta stand Memphis im Herzen der Baumwollwirtschaft und wurde zu einem Magneten für Musiker, die den Nöten des Delta-Landes entfliehen wollten. Unweigerlich zog es sie in die Bars und Barrelhouses der berüchtigten Beale Street, der Hauptstraße des afroamerikanischen Vergnügungsviertels. Diese Gegend wurde wiederum zum Ziel für die Field-Recording-Einheiten der „Race“-Plattenfirmen, wobei sowohl die Labels Victor als auch Columbia 1927 ihre ersten Sessions in Memphis aufzeichneten. Dies war ein Wendepunkt, der zu vielen der größten führte Pioniere des frühen Country-Blues, die in Memphis aufgenommen wurden, darunter die vorgestellten Furry Lewis, Robert Wilkins, Sleepy John Estes und Memphis Minnie, zweifellos die einflussreichste und beliebteste Country-Blues-Sängerin aller Zeiten.
Nirgendwo gab es eine Konzentration und Vielfalt früher Blues-Formen, die mit Memphis mithalten konnten, das sowohl ländliche als auch städtische Musiktraditionen und Lieder von reisenden Minnesängern und Medizinshows zusammenbrachte. In den späten 1920er Jahren war es nicht nur ein Zentrum des Delta-Blues, sondern auch die Heimat vieler großer Jug-Bands, darunter Will Shades Memphis Jug Band und Gus Cannons Jug Stompers. Diese Bands, die billige Tonkrüge zusammen mit anderen improvisierten Instrumenten wie Waschbrettern und Kazoos verwendeten, entwickelten sich aus den Traditionen des Country-Blues und der Sänger und kreierten einen peppigen und komischen Sound, der perfekt geeignet war, um Menschenmassen zu unterhalten, und weit entfernt vom rohen Sound des Delta-Blues. Die Memphis Jug Band nahm unter verschiedenen Namen für verschiedene Labels auf und produzierte mehr Seiten als jede andere Jug-Band der Vorkriegszeit, einschließlich des zeitlosen „On The Road Again“. Oft als Trainingsgelände für Musiker bezeichnet, durchliefen viele gute Künstler die Reihen der Memphis Jug Band, darunter Memphis Minnie, die in „North Memphis Blues“ 1930 im Duo mit ihrem zweiten Ehemann Joe McCoy auftrat. Minnie Wallace war eine weitere weibliche Diva, die mit der Memphis Jug Band in Verbindung gebracht wurde, und ihr Klassiker „The Old Folks Started It“ beinhaltet die wunderbare Unterstützung von Bandleader Will Shade und anderen Mitgliedern seiner Bande.
Walter „Furry“ Lewis, der von vielen als die Verkörperung des Memphis-Blues angesehen wird, wurde 1893 in Greenville, Mississippi, geboren, zog aber als Junge nach Memphis. Mit seinem subtilen und spontanen Gitarren- und Gesangsstil war Furry Lewis einer der ersten Bluesmusiker, die in den 1920er Jahren aktiv waren, der aus dem Ruhestand geholt wurde und während des Folk & Blues Revivals der 1960er Jahre neue Möglichkeiten für Aufnahmen und Auftritte erhielt. Ebenso war Robert Wilkins ein weiterer prominenter Memphis-Blueser, der ursprünglich in Mississippi geboren wurde, sich aber in Memphis einen Namen machte. Nachdem er 1935 seine letzten Vorkriegsaufnahmen gemacht hatte, schloss er sich kurz darauf der Kirche Gottes in Christus an und wurde Pfarrer. Wie Furry Lewis wurde Wilkins in den 1960er Jahren wiederentdeckt und spielte und nahm Gospelmaterial zusammen mit dem Blues auf.
Über Tom Dickson ist praktisch nichts bekannt, abgesehen von einer Erinnerung von Mississippi Joe Callicott, der sagte, er habe „... um Memphis herum“ gespielt. Offensichtlich ein sehr raffinierter Gitarrist, war sein von Herzen kommendes „Happy Blues“ leider nur eine von sechs Seiten, die 1928 in Memphis aufgenommen wurden, von denen nur vier veröffentlicht wurden. In ähnlicher Weise ist auch Allen Shaw von einem Geheimnis umgeben, dessen „I Couldn't Help It“ seine glorreichen, dynamischen Bariton-Vocals hervorhebt.
Ein weiterer stimmgewaltiger Bluesmann, Frank Stokes, wurde irgendwann zwischen 1877 und 1888 geboren (die Berichte variieren) und gilt weithin als der Vater des Memphis-Blues-Gitarrenstils, dessen wichtiges Vermächtnis erst vor kurzem vollständig gewürdigt wurde. Sein von Herzen kommendes „How Long Blues“ unterstreicht seine musikalische Finesse, die ihn von vielen seiner weniger eleganten Zeitgenossen unterscheidet und die er in den vielen Jahren, in denen er mit reisenden Medizinshows auftrat, verfeinert hat.