Fräulein Smilla (eigentlich: Frøken Smilla) aus dem Roman von Peter Høeg ist eine taffe Frau in einer
europäischen Metropole. Doch irgendwie ist sie anders, hat ein ganz besonderes Gespür: Wurzeln, die Defer und
Blicke, die weiter reichen. Vor uns liegt das driGe Album der aGrakDven Berliner Combo dieses Namens. Die
glänzt bekanntlich mit dem herausragenden sDlisDschen Erkennungszeichen, sich von sDlisDscher Eingrenzung
fernzuhalten. Inzwischen sind sie längst dem GeheimDpp-Status entwachsen. Man kennt sie. Doch darf die
wachsende Schar der Smilla-Follower einmal mehr sicher sein, ständig überrascht zu werden. Denn das bis in die
kleinste Gastrolle exzellent besetzte Ensemble aus gefühlvollen Gitarren (akustisch & elektrisch), einer
permanent hellwachen Rhythmus-Sektion, dem fetten Bläsersatz und der markanten , rauchig – feinfühligen
Lead Stimme, begleitet von schmeichelnden , vibrierenden Backingvocals fügt seine Qualitäten zu immer
neuen Konstellationen. Nichts scheint wie erwartet: Gleich das erste Stück „Wake Up“ kommt so um Ecke.
Wer unter diesem Titel einen unbeschwerten Uptempo-Losgeher erwartet hat, liegt komplett falsch: „If I
will ever wake up again, I´m gonna take the chance to leave“ singt Frontfrau und Texterin Des, die Nummer
kommt emotional dicht, musikalisch minimalistisch, ein wenig psycho-trippig. Später, wenn die Rhythmik
eingreift, steigert sich die Dynamik bis an den Rand einer Post-Rock-Eruption.
Sie können eben alles: Gekonntes Songwriting mit Melodien, die sofort anrühren und mit ebensolchen Lyrics
- aber Des ist keine Singer/Songwriterin. Satzgesang auf durchgängig höchstem Niveau trifft auf ebenso
perfekt harmonierendes Gebläse. Aber klassischer Soul ist das nicht. Auch kein urbanes Chanson, so intim
die Stücke auch oft an der hörenden Seele entlang kuscheln. Sie legen immer wieder spielerisch Klangfährten
doch wer denen allzu willig folgt, landet am Ende meist haarscharf neben der Erwartungshaltung. Das ist aber
kein Verwirrspiel, sondern zeigt, wie spannend, erfrischend und befreiend es sein kann, aus den Klischees im
eigenen Kopf herauszufinden.
Das Album steckt voller Brüche. Etwa, wenn sie im deutschen Stück „Schon immer lauter“ urplötzlich
energeDsch ein neues Kapitel aufschlagen : Erzählt wird auf floGem marching beat mit Tiefgang und Coolness
eine verblüffend opDmisDsche Geschichte vom langen Ende einer Beziehung. Schön unverkopL, aber jeder Vers
eine lyrische Metapher. Den gewohnten Spanier gibt es auch hier: „La Vuelta“ heißt „Wende, Rückkehr“ („soy la
Vuelta en tu camino porque eso es mi rumbo..“ Ich bin die Wende auf deinem Weg, denn das ist mein Kurs) und
ist eine biGersüß-melancholische Ballade. Wär´s in português, dächten wir an Fado und Saudade. Ist es aber
nicht; wer weiß, womit uns Des künLig noch überrascht.
Seit einer Weile schon kursiert ein sehenswerter Clip mit dem hinterlisDgen Titelunderstatement „Jürgen Meyer“
in den einschlägigen Kanälen. Raffiniert-rhythmisch in Form eines gnadenlos griffigen Grooves, darauf ein funkigfunkelndes
Bläser-Riff, unerhört eingängige Vokal-Sätze – aber es kommt eben nicht in Form eines
blankgeputzten R´n´B-Standards, sondern bleibt doppelbödig und freundlich relaxt. Es führt direkt zu „words &
definiDons“, einer wunderbaren letzten Schwelgenummer auf sanL schwingender Sehnsucht, die nach dem
Verklingen des letzten Tones lang noch im Raum hängen bleibt.
Frollein Smilla hat ein außergewöhnliches Gespür für innermenschliche Wärmezonen